

DRESDENER NEUANFANG
In ihrer Phase der Neugründung nach dem Krieg stellt die Dresdener Hochschule für Bildende Künste, damals noch unter dem Namen Hochschule für Werkkunst, den kurzzeitigen Versuch einer Rückkehr zur Programmatik des Bauhauses dar.

Unter Lehrern wie Mart Stam, von 1948 bis 1950 Rektor der Hochschule, Marianne Brandt und Theodor Artur Winde entstehen Entwürfe und Produkte, die weniger der individuellen Handwerkskunst als vielmehr der seriellen Vereinigung von Ästhetik und Funktion eines Gebrauchsgegenstandes geschuldet waren.


Diese Blütephase des Designs der DDR währt nur in die frühen fünfziger Jahre. Einige Produkte halten der nachfolgenden Welle des „Einheitsdesigns" stand und sie überzeugen heute noch in Funktion, Gestalt und Qualität. Zu ihnen zählt auch der 1950 entstandene Schaukelwagen von Hans Brockhage.
Hans Brockhage versucht bis Mitte der fünfziger Jahre - insbesondere als Industriegestalter für Spielzeug - die in der Zeit seines Dresdener Studiums verinnerlichten Grundsätze aufrecht zu halten, bis er sich schließlich aus diesem Bereich in die eigene (Künstler-)Werkstatt zurückzog: „Das Zusammenspiel von Industrie und Design funktionierte nicht".
Zunächst jenseits aller Funktionalität, spiegelt die Entstehungsgeschichte des „Mehrzweckspielgerätes" Schaukelwagen (0-Ton des ersten volkseigenen Herstellers) den spielerischen Geist seines Erfinders wider: „Wenn Pferd fällt um, ist Pferd tot. Du mußt machen Pferd, das nicht tot ist, wenn fällt um" bekam Brockhage von Mart Stam bei der Vorführung eines konventionellen Schaukelpferdes gesagt.
Derartig mit der Endlichkeit konfrontiert, entwickelte er unter Stams Betreuung mit dem Schaukelwagen ein Kindermöbel und Spielgerät, dessen Form und Verwendung fast schon als Symbole für die Grenzenlosigkeit der Phantasie gelten können und die mit einer rein praktischen Betrachtung nur ungenügend gewürdigt werden.


„Unser patentiertes Spielgerät für Kinder ist eine
völlige Neuschöpfung auf dem Spielzeugmarkt und
stellt eine ideale Verbindung zwischen Schaukel
und Wagen dar, die in verblüffender Einfachheit
das Problem des Mehrzweckspielzeuges löst.“
Auszug aus„Spielgerät für Kinder“
(DRP.Nr. 5505) von Gottfried Lenz.
Berggiesshübel, 19XX


1951 patentiert und seit dem in Sachsen und Thüringen in Serie produziert,
war der Schaukelwagen wohl eines der wenigen „Fahrzeuge“ der DDR, das
auch in der westlichen Welt Lob und Anerkennung fand.
Als eines der ersten Spielgeräte 1956 in Ulm mit der Auszeichnung „spiel gut“ als hervorragnedes Spielzeug gewürdigt, folgten weitere Auszeichnungen und Ausstellungen, allen voran eine Prämierung auf der Mailänder Triennale 1960.
Auch in der Ausstellung „4:3 - fünfzig Jahre Design in Italien und Deutschland“
im Jahre 2000 in Bonn war der Schaukelwagen als ein Beispiel für die Blütezeit
des DDR-Designs zu sehen.